Beate Knappe von mir porträtiert
Dieser Blogbeitrag wird anders als ihr es bisher gewohnt seid. Es geht selbstverständlich noch um die Fotografie, aber nicht um Techniken, oder ähnlichem, sondern um eine besondere Fotografin.
Unser erstes Zusammentreffen mag für viele wie ein Zufall erscheinen. Aber ich glaube bekanntlich nicht an Zufälle. Eines Morgens hatte ich bei Instagram eine Einladung zu einem Podcast-Gespräch von einer bis dahin mir unbekannten Fotografin. Ich war total überrascht und freudig begeistert. Mein Bauchgefühl meldete sich mit einem deutlichen Ja! Also nutze ich diese einmalige Chance und sagte zu. Ich hörte mir vorab einige Folgen von Beates Podcast „Momentaufnahme“ an und fing an, mich mit Ihrer Person zu beschäftigen. Umso mehr ich erfuhr, umso beeindruckter war ich. Nach unserem Podcast-Gespräch, dass ihr hier nachhören könnt, https://open.spotify.com/episode/79S6I6a5pr0oP2YLicHYoM?si=4ed279a9856449ab
war mir klar, dass ich nicht nur Beate kennenlernen, sondern sie euch auch vorstellen wollte. Ich finde, dass Fotografen unter sich eine Gemeinschaft bilden sollten, anstatt sich als Konkurrenz zu sehen. Wir werden alle durch unsere Liebe zur Fotografie verbunden. Deshalb fragte ich sie, ob ich sie interviewen und auch porträtieren dürfte und sie sagte Ja, was mich ungemein erfreute. Sie hatte auch die grandiose Idee, dass wir das Interview aufnehmen sollten und so könnt ihr es hier hören. https://beateknappe.de/gespraech-mit-tanja-diez-tabares
Ich werde hier keine Interviewfragen/Antworten abdrucken (die könnt ihr euch viel besser anhören), sondern euch Beate aus meiner Sicht vorstellen.
Beate Knappe von mir porträtiert
Beate ist inzwischen 73 Jahre alt und noch absolut aktiv. Ich war total begeistert und erstaunt darüber. Als ich es ihr sagte, antwortete sie mit einem Satz, der mich zum Nachdenken anregte und so wunderbar typisch für sie ist. Sie sagte mir, dass ich meine Sicht vom Alter überdenken müsste, denn sie wäre nichts Besonderes. Und so ist Beate. Ehrlich, direkt und inspirierend. Sie regt zum Nach- und Überdenken an. Genau der Typ Mensch, mit dem ich es liebe zu interagieren. Sie bringt „Mehrwert“ in eine gemeinsame Begegnung, was ich sehr zu schätzen weiß.
Selbstporträt von Beate Knappe
Beate wurde bereits mit zarten 14 Jahren Fotografin und würde diese Entscheidung immer wieder treffen. „Sonst wäre ich nicht die, die ich geworden bin“. Und wenn auch der Weg nicht immer einfach war, war er doch lehrreich. Sie lernte früh sich von Einschränkungen oder Stigmata zu befreien und ließ sich weder von ihrer Legasthenie abhalten einen akademischen Abschluss zu erhalten, noch ihr Leben als alleinerziehende Mutter zu leben, was für die damalige Zeit ungewöhnlich war. Selbstreflexion und die Fähigkeit über den Tellerrand hinauszuschauen machen sie so einzigartig. Genauso wie dieses besondere Talent, Problemen zu begegnen, anstatt sie zu verdrängen. Stets offen für Lehrstunden des Lebens und der Leidenschaft. Wertschätzend dem gegenüber, was ihr guttut. Wie die Fotografie. Diese hat sie gelehrt, dass sie ohne sie nicht leben kann. Was sie ganz besonders während einer Phase in ihrem Leben spürte, in der sie unter einer schweren Depression litt und nicht fotografieren konnte. Stattdessen beschäftigte sie sich mit „Mixed Media“. Sie tat etwas, was sie noch nie zuvor gemacht hatte, und auch nicht unbedingt glaubte zu können. Aber sie sagt, dass es wichtig ist, „der Lust am Tun nachzugehen, ohne vorher den Anspruch zu formulieren, wie etwas zu sein hat.“ Sie hat begriffen, dass Kreativität ein Bestandteil ihres Lebens ist, den sie üblicherweise in der Fotografie auslebt. Gerne auch in der Form von Selbstporträts, weil sie der Meinung ist, dass es wichtig ist, als Fotograf(-in) auch mal vor die Kamera zu treten. Die entstehenden Ergebnisse erzählen ihre Lebensgeschichte.
Darin ist sie sehr gut, Geschichten zu erzählen, bzw. in Bilder zu fassen. Emotionen einzufangen. Womit sie sogar einen Preis gewonnen hat. Als sie eine Frauen-Demonstration in Brüssel fotografierte.
Frauen-Demonstration in Brüssel von Beate Knappe fotografiert
Dieses Bild ist auch Thema in unserem Interview. Weil es etwas Besonderes in ihr auslöste. Sie entwickelte die analogen Bilder selbst und spürte einen inneren Widerstand, das Endergebnis zu sehen. Sie war danach einige Tage nicht in der Lage, diese Bilder zu betrachten, weil sie etwas tief in ihr anrührten. Eine Emotion, die sie nicht direkt greifen konnte, und doch unleugbar da war. Mehrere Jahrzehnte später wurde dieses Gefühl erneut wachgerufen. Vorab muss erwähnt werden, dass Beate bereits mehrere Bildbände verfasst hat, auf die wir später nochmal zurückkommen werde. Ihr letzter Bildband ist dabei etwas ganz Besonderes. Weitaus mehr als eine Dokumentation, sondern quasi eine Form der Selbstreflexion, fast schon Selbsttherapie. Und so wurde erneut dasselbe Gefühl ausgelöst, was sie damals nach jener Demonstration ereilte. Sie konnte sich das Bildband zunächst nicht anschauen, durch diesen emotionalen Aufruhr, die sie bei der Arbeit zu diesem erlebt hatte. In unserem Interview hatte sie die Erkenntnis, warum es so ist. Das könnt ihr dort gerne in ihren Worten hören. Auch wenn sie, das zu diesem Zeitpunkt frisch eingetroffene Buch nicht selbst betrachten konnte, so wurde doch mir dieses Privileg zuteil. Und es hat mich beeindruckt. Man muss sagen, dass Beate keine gelernte Kuratorin ist und dennoch hat sie die Bilder selbst ausgewählt und großartige Arbeit dabei geleistet. Menschen und Gegenstände im harmonischen Einklang. Instinktiv spürt man die Verbindung der beiden, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten, unabhängig voneinander aufgenommen wurden. Zum Teil mit Blitz, zum Teil mit Fensterlicht und dennoch gehören sie unbestreitbar zusammen.
Auszüge aus "I can make a rhythm of confusion in your mind" von Beate Knappe
Man spürt, dass Beate Künstlerin und nicht „nur“ fotografische Dienstleisterin ist. Und an erster und wichtigster Stelle ist sie Mensch. Vereint mit der Künstlerin in ihr. Was sich auch wunderbar in Ihrem Projekt „Fuck you Cancer“ widerspiegelt, in dem Sie Brustkrebs betroffene Frauen porträtiert hat. Auf eine würdevolle und doch authentische Art und Weise. Bilder, die Bewusstsein schaffen für das Thema, Bilder die bewegen, Bilder die aufrütteln.
Auszüge aus "Fuck you cancer" von Beate Knappe
Auch ihr Projekt „das Göttlich Weibliche“ möchte ich erwähnen, weil es anders ist. Frauen werden anders, als in den sozialen Medien gewohnt, wiedergegeben. Das ist Beate wichtig. Ich hatte bei unserem Gespräch eines dieser Bilder direkt vor meiner Nase und ich konnte nicht wegschauen. Es rief Assoziationen in mir wach. Ich liebe Gustav Klimt und die Art und Weise, wie er Frauen darstellt. Stark, stolz und dabei dennoch sinnlich. Weiblichkeit, die durch Ausstrahlung, nicht durch Erotik verführt, selbst wenn die Dargestellte nackt ist. Dies steht dabei nicht im Fokus, ist ohne Belang. Und genau diese Assoziation hatte ich bei Beates Bildern auch. Die Frau auf dem Bild hat mich betrachtet, nicht ich sie.
Auszüge aus "das Göttlich Weibliche" von Beate Knappe
Beate, die, wie sie selbst sagt, eine angeborene Autorität verfügt, nutzt auch diese, um einzustehen, für das, was ihr wichtig ist. Sie scheut sich nicht politisch zu werden und Feminismus zu leben auf die richtige Art und Weise. Indem Frauen in ihrer natürlichen Stärke präsentiert werden, ohne Männer dabei unterdrücken, oder vernachlässigen zu wollen. Gleichberechtigung, wie sie sein sollte. In ihrem Podcast interviewt sie überwiegend Frauen, um diesen auch eine Bühne zu bieten, weil Männer sie im Alltag häufiger erhalten. Aktuell sucht sie männliche Modele, um diese sinnlich zu zeigen. Dabei ist ihr wichtig, alle Körperformen zu würdigen und nicht nur den typischen Adonis. Und ich bin jetzt schon gespannt auf ihre zukünftigen Projekte. Denn ich bin mir sicher, dass noch viele folgen werden. Rente ist kein Konzept für Beate, weil sie Fotografin aus Leidenschaft ist. Es ist Teil ihres Lebens, der niemals zur Ruhe gesetzt gehört. Und so glaube ich, dass es kein Zufall war, dass Beate in mein Leben getreten ist, sondern dass ich sie kennenlernen sollte. Allein schon dafür, um mir Mut zu machen, dass die Fotografie bei mir bleiben darf. Auch wenn sie mich erst spät gefunden hat, so gehört sie jetzt doch zu mir. Wir sind eine Symbiose eingegangen, die mich verändert und neu geformt hat.
Beate Knappe von mir porträtiert
Ich hoffe, dass auch ihr Freude daran habt, Beate kennenlernen zu dürfen. Ihre Podcast-Gespräche sind es genauso wert, gehört zu werden, wie ihre Bilder betrachtet.
Eure Tanja
Beates Webseite (hier gibt es auch die Bücher zu kaufen):
Beates Podcast:
Beates Instagram-Account:
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